Lass mir zeit

Pikler Pädagogik

Was ist das?

An dieser Stelle möchte ich ein Zitat aus Beobachten, Verstehen und Begleiten von Monika Aly und Judith Falk nennen, denn es beschreibt in einem Satz was Pikler Pädagogik ist:

Eine warmherzige Beziehung von Seiten der Erwachsenen geprägt von tiefem Interesse, Vertrauen und Akzeptanz,
die Möglichkeit des Kindes zu freier und selbstständiger Bewegung,
ein Gefühl für die eigene Wirksamkeit,
ein ständiges Bemühen von Seiten des Erwachsenen, das Kind als aktiven Partner teilhaben zu lassen an allem, was mit ihm geschieht und bei allem, was es betrifft,
sowie ihm zu ermöglichen, seinen Platz in der es umgebenden Welt zu finden.

Ein Kind strebt von sich aus immer nach dem In-Beziehung-sein mit der Bezugsperson und nach Selbstwirksamkeit.
Das sind die Erkenntnisse von Emmi Pikler, die in Wien als Familienärztin gearbeitet hat und später in Budapest das Säuglingsheim Loczy geleitet hat.
Als Ärztin hat sie sich bereits viel mit Beziehung und Beobachten beschäftigt und Familien begleitet. Im Loczy hat sie die Beobachtungen vertieft und daraus haben sich die Grundpfeiler der Pikler Pädagogik entwickelt:

Freie Bewegungsentwicklung

In einem Kind (sowie in jedem von uns) ist der Drang zu wachsen und sich weiterzuentwickeln von Natur aus angelegt.

Die Freie Bewegungsentwicklung steht dafür dem Kind Zeit zu geben, bis es Positionen von sich aus einnimmt, denn genau das tun sie. Ganz ohne unser Zutun lernen Kinder sich vom Rücken auf den Bauch zu drehen, oder sich aufzusetzen, oder aufzustehen und zu laufen.

Man könnte es mit einem Samen vergleichen, den man in die Erde pflanzt. Er wird von ganz alleine wachsen und daran ziehen bringt nichts.

Alles was es also von unserer Seite als Erwachsener braucht ist Vertrauen.

Das Kind erhält dadurch das Gefühl: Das was ich mache und kann ist richtig. Ein Leben im Jetzt!

Freies Spiel

Wie in der freien Bewegunsentwicklung braucht es auch beim freien Spiel wenig Zutun von uns Erwachsenen. Es gibt kein Richtig oder Falsch im Spielen und so erforscht jedes Kind die Welt auf seine eigene Art und Weise.

Unsere Aufgabe ist es eine ansprechende Spielumgebung zu kreieren und ein ausgewähltes Angebot an unstrukturierten Spiel- und Bewegungsmaterialien zur Verfügung zu stellen. Die Kinder dürfen von sich aus frei wählen womit und wie lange sie spielen wollen und wie sie das Material bearbeiten.

So sind Bälle eben nicht nur zum werfen da oder Schüsseln nicht nur um etwas rein zu geben und Klötze nicht nur zum Turm bauen.

Das Kind zeigt uns wie es geht.

Beziehungsvolle Pflege

Wo ist nun der Part der Erwachsenen?

Keine Sorge, der kommt hier: Damit ein Kind sich wohlfühlen kann, sich frei bewegen und Spielen kann braucht es das Gefühl von “an Beziehung gesättigt” zu sein. Das findet in den Pflegesituationen statt.

Pflegesituationen sind z.B. Stillen oder füttern, Anziehen, Ausziehen, Wickeln, Baden, Zähne putzen, etc.

Zur beziehungsvollen Pflege gehört z.B. das Ankündigen und Vorbereiten auf das was passiert, das Abwarten einer Reaktion oder Kooperation und das Wahren der Grenzen (z.B. das Essen beenden, wenn das Kind nicht mehr Essen mag, auch dann wenn man das Gefühl hat, dass es noch nichts gegessen hat),das Bemühen des Erwachsenen, das Kind als aktiven Partner teilhaben zu lassen an allem was mit ihm geschieht und was es betrifft, uvm.

Aus Erziehung wird Beziehung

Über Sabine Markut als Pikler Pädagogin (i.A.)

Als meine Tochter 6 Monate alt war, habe ich das erste Mal vom Pikler Spielraum gehört und ich war vom „Frei-sein“ im Spielraum sehr angetan. Bis dahin habe ich geglaubt, meinem Kind all die Dinge des Lebens beibringen zu müssen. Für mich war es einerseits eine Erleichterung und andererseits eine Offenbarung, denn ich lernte mein Kind mit anderen Augen, nicht nur zu sehen, sondern auch wahrzunehmen.

Nach ca. 2 Jahren kontinuierlicher Spielraumzeit mit meiner Tochter und nach der Geburt meines Sohnes, wollte ich tiefer in das Thema eintauchen und begann im Jänner 2016 mit der Pikler Grundausbildung bei der Pikler-Hengstenberg Gesellschaft in Wien. Meine Hospitation habe ich im Mai/Juni 2017 bei Birgit Zesar-Bergmair (Pikler Pädagogin) absolviert und im Juli 2017 habe ich mit der Pikler Praxisbegleitung begonnen. Seit Mitte 2017 leite ich eigene Spiel- und Elternräume zu Beginn in Wolfsberg und Klagenfurt und jetzt nur mehr in Klagenfurt.

Ich habe in dieser Zeit erkannt, dass es niemals die gleiche Antwort auf eine Frage gibt und das Beobachten und Hineinspüren die besten Werzeuge sind, um Antworten zu finden. Obwohl ich das Gefühl habe ein gutes Verständnis für die Pikler Pädagogik zu haben, darf ich von jedem Kind und jedem Elternteil, die zu mir in den Spielraum kommen, noch dazulernen.

Ich liebe und genieße das Arbeiten im Spielraum und auch besonders im Elternraum und bin sehr dankbar die Kinder und Eltern auf einem Stück ihres Weges begleiten zu dürfen.